George Orwell – 1984 – Die legendäre Dystopie

Allgemein, Rezensionen

George Orwells 1984 gilt bis heute als „Vorreiter der Dystopien“. Nicht ohne Grund hat es so großen Einfluss gehabt, hat sogar eine Apple-Werbung inspiriert, welche schon selbst als legendär gezählt wird und nicht zuletzt Stephen King wurde von ihr beeinflusst. Doch sind diese Lobpreisungen wirklich gerechtfertigt oder ist es doch mal wieder nur ein „abgehalfteter Klassiker“?


 

1984 – Die Welt hat sich gewandelt, die Mächte haben sich verändert, die Ländergrenzen sich verschoben. Man hat den Planeten in drei Staaten aufgeteilt:  Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Neben ununterbrochener Kriegsführung mit den anderen Übermächten, hat Ozeanien alle Hände voll zu tun, die eigene Macht  und die unbedingte Folgschaft des Volkes zu sichern. Abweichler werden verfolgt, verschleppt, gefoltert, ‚vaporisiert‘. Einer der Menschen, die beim Ministerium für Wahrheit dafür arbeiten, diese Menschen aus den Akten verschwinden zu lassen, Reden, Statistiken und Berichte zu fälschen, ist Winston Smith. Er hegte zwar schon immer Zweifel an „Der Partei“, der allüberwachenden, totalitären Organisation mit dem „Großen Bruder“ als Oberhaupt, konnte jedoch bis jetzt, trotz unglaublicher Überwachunngsmaßnahmen, unter dem Radar entfliehen. Bis er eines Tages auf die junge Julia trifft. Sie ist schön, aufregend und teilt sogar seine gefährlichen Ansichten. Immer mehr tauchen sie in die riskanten Gefilde ein und werden zu Feinden des Regimes. Winston hat mit dem Eingehen der Liebesaffäre schon ein Gesetz gebrochen; und weitere werden folgen, koste es was es wolle! Doch seine Feinde warten bereits hinter jeder Ecke…

  • Bildergebnis für 1984 george orwell1984 – George Orwell
  • Taschenbuch
  • 384 Seiten
  • ISBN-13: 9783548234106
  • Ullstein – Verlag
  • 01.06.1994
  • [D] 12,00 € *

Wir befinden uns in London: einem anderen London, als wir es heute kennen. Aus der einstigen Industriemetropole ist eine graue Stadt aus Slums, bunkerartigen Ministerien und riesigen Mietskasernen geworden. Die Gesellschaft wird strikt getrennt zwischen Proletariat (Arbeiter) und Parteianhängern, welche in den drei Ministerien arbeiten. Es mangelt an allem und auch die synthetische Nahrung der Regierung kann die Not nicht lindern. Es ist eine Gesellschaft in der es keine Freundschaften mehr gibt, keine Liebe, nur „Genossen“ und den Teleschirm – Ein Bildschirm in jedem Haus, der sowohl als Fernseher dient, gleichzeitig aber auch alles in seinem Blickfeld filmt und aufnimmt. Für all das verantwortlich ist „Die Partei“ eine politische Organisation, welche nach einer Revolution die Macht an sich gerissen hat und nur unter dem Deckmantel des Engsoz (Form des Sozialismus/Marxismus) die Bevölkerung unterdrückt.

Bereits nach wenigen Seiten des Buches wusste ich: Das ist ein moderner Klassiker! Man wird sofort von der spannenden Geschichte in den Bann gezogen, erlebt direkt den Alltag im Ministerium für Wahrheit und Winstons Versuche, sich aus dem Blickfeld des Teleschirms zu bewegen. Alles – wirklich alles, von der Welt an sich, bis in die kleinsten Details der Zigaretten – hat Orwell geplant: das Land, das System und sogar den geschichtlichen Hintergrund. Alles wirkt so perfekt durchdacht und sogar real. Eventuell rührt sein Talent für diese erschreckende Realität daher, dass Orwell ab 1922 in der indischen Militärpolizei diente, diese jedoch fünf Jahre später wieder verließ: Er war zu schockiert über die Unmenschlichkeit der britischen Kollonialherrschaft. Er selbst war überzeugter Sozialist, was man beim Lesen des Buches auch merkt. Immer wieder kommen kleine Hinweise auf seine Meinung zum Vorschein, genauso wie sehr direkte Erklärungen. Winston ist ein relativ sympathischer Charakter, wenn er auch etwas langweilig wirkt. Seine Zweifel an der allmächtigen Partei rühren daher, dass er sich als einziger zum Beispiel daran erinnern zu scheint, dass Ozeanien vor einigen Jahren noch mit Ostasien im Krieg lag, während man jetzt auf einmal mit Eurasien kämpft der Staat jedoch behauptet,  dies sei schon immer so der Fall gewesen. Er bleibt durch das ganze Buch hinweg glaubhaft und nachvollziehbar – ein wichtiger Aspekt bei Dystopien.

Orwell – mit echten Namen Eric Arthur Blair – weiß rasante Kämpfe genauso wie ruhige Liebesszenen zu beschreiben und dabei trotzdem immer zeitlos und angenehm lesbar zu bleiben, ohne jemals aufdringlich oder überladen zu wirken. Niemals hatte ich das Gefühl einen „abgelaufenen“ Klassiker vor mir zu haben. Immer wirkt es so, als könnte es auch so wirklich passiert sein. Es ist schon bemerkenswert, wie modern Orwell schon damals – 1949 – geschrieben hat, sodass es sogar heute noch spannend und interessant ist. Zum Ende hin lädt sich die Spannung noch einmal so auf, es wird noch einmal so spannend, dass die letzten Kapitel sich richtig in mein Gedächtnis gebrannt haben. Das liegt wahrscheinlich auch an der Übersetzung von Michael Walter (welche meiner Meinung nach übrigens genauso gut und zeitlos ist, wie das Buch), aber natürlich liegt die Grundlage bei Orwell. Es wird nicht mein letztes Buch von Orwell bleiben!

Neben der Geschichte an sich muss ich aber auch noch etwas anderes loben – Diese Ausgabe! Dass der Ullstein-Verlag sich hier wirklich Mühe gegeben hat, ist unverkennbar: Tolles schlichtes Cover, großes Autorenbild, schwarze Seiten am Ende, Zitate, Nachwort, der Unterschied in der Schriftart zwischen Seitenzahl und Text und nicht zuletzt: Ein schwarzer Buchschnitt! All das hat dem Buch noch einmal den letzten Schliff verliehen. Ich bin wirklich froh, genau diese Auflage bei mir im Regal stehen zu haben und möchte auch mit keiner tauschen!

1984 – eine Zukunftsversion, die schon lange hinter uns liegt und doch noch so aktuell ist: Eine Geschichte von Liebe, Verrat, Verschwörungen, der Zukunft und der Vergangenheit – doch vor Allem: eine Geschichte der Revolution. Orwell hat eine spannende Geschichte geschrieben und philosophiert ganz nebenbei manchmal offensichtlich, mal zwischen den Zeilen über Liebe, Macht und Krieg.

Bis heute hat 1984 unsere Welt geprägt: Sei es nun im legendären Apple-Werbespot oder im Buch von Stephen King – es ist und bleibt ein Klassiker! Zu recht! – 4/5 Sternen

©Marlon

* Vielen Dank an den Ullstein-Verlag, der mir das Buch freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat!

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