„Ein wahrer Pageturner, den niemand sich entgehen lassen sollte. Rasant, spannend und immer interessant! „Kain und Abel“ ist ein Roman, der vom Anfang bis hin zum großartigen Ende auf jeder Ebene überzeugt!“ – so habe ich den ersten Band der „Kain und Abel“-Trilogie auf den Olymp meiner Bücher gehoben. Nun ist der zweite Teil in der Neuauflage des Heyne-Verlags erschienen. Ob „Abels Tochter“ mit dem überragenden, ersten Band mithalten kann? Lest es hier in der Rezension! Viel Spaß!
Der Gigantenkampf zwischen Abel Rosnovski und seinem Feind William Lowell Kane, den Jeffrey Archer in »Kain und Abel« schilderte, setzt sich in der nächsten Generation fort. Florentyna, die Tochter Abels, des legendären »Chicago-Barons«, ist bildschön, hochbegabt, ehrgeizig und die Erbin einer der größten Hotelketten der Welt. Wie ihr Vater geht sie ihren eigenen Weg mit eisernem Willen. Abel liebt sie abgöttisch, und sie vergöttert ihn – aber Florentyna begeht eine Todsünde: sie liebt und heiratet den Sohn seines Todfeindes. (Klappentext – Heyne)
- Abels Tochter – Jeffrey Archer
- Klappbroschur, 592 Seiten
- Erschienen am: 12.03.2018, Heyne
- ISBN-13: 978-3-453-42204-9
- Originaltitel: The Prodigal Daughter, Englisch
- Preis: [D] 9,99€*
Man muss sofort sagen, dass der Klappentext nicht wirklich irgendetwas über das Buch verrät. Die erste Hälfte des Buches stellt eine Nacherzählung der Ereignisse aus dem ersten Band in kürzerer und einfacherer Form dar, bei der der Fokus jedoch bereits auf die Sicht von Florentyna Rosnovski (die Tochter eines der Protagonisten aus dem ersten Teil) gelegt wird – hier also soweit nichts Neues für den Leser. Darauf folgt dann das Unbekannte. Wir begleiten Florentyna auf ihrem Weg von einer erfolgreichen Managerin zur bekannten politischen Größe in Washington, die eigentlich nur ein Ziel hat – gewinnen.
Ich bin mit der Freude über den ersten Band in dieses Buch gegangen, in der Hoffnung ein weiteres Meisterwerk vorzufinden. Dass ein kurzer Wiederholungsteil unumgehbar war, hatte ich mir schon gedacht. Trotzdem, knapp 300 Seiten, auf denen nichts anders passiert, als das, was wir schon aus „Kain und Abel“ kennen, ist schon eine Enttäuschung. Aber gut, da muss man nun mal durch, es wird sich wohl lohnen – dachte ich. Irgendwann geht es dann wirklich mal mit Florentyna, ihrem Mann und dem politischen Werdegang los. An sich gefällt mir die Idee ganz gut, Florentyna in die Politik gehen zu lassen, aber ich werfe dem Autor das gleiche vor, was Florentyna so oft in dem Buch vorgeworfen wird: „Du vernachlässigst die Bank und das Hotel!“. Alles was mich am ersten Teil der Reihe so begeistert hat, die Hotelkette, das Bankimperium, gemischt mit Streitigkeiten, Familienhierarchien und unglaublich viel Geld, haben hier komplett gefehlt. Es geht wirklich nur noch um Florentyna und ihre politischen Ambitionen. Archer beschreibt zwar einen realistischen Weg, was den Aufstieg angeht, aber es lief mir einfach zu flüssig. Florentyna Kane steckt jeden Gegner nach und nach in die Tasche, meistert jeden Wahlkampf, egal für welchen Posten, erhält standing ovations für jede Rede und ist einfach ein politischer Überflieger. Und selbst wenn sie mal verliert, schafft sie es doch, darin etwas Gutes zu sehen und es für ihre nächste Mission zu verwenden. Ddie Tatsache, dass sie eine Frau ist, wird in dem Buch zwar so deutlich immer wieder betont, – und auch, dass es ein Hindernis sei – aber wirklich steht es ihr nie im Weg. Auch mit der Atmosphäre des Buches kam ich nicht wirklich klar. Die Geschichte springt immer mal wieder ein paar Jahre, ohne dass dabei einschneidende Ereignisse der Außenwelt genannt würden, die es den Leser das Geschehen einordnen lassen. Es kann auch an mir gelegen haben, aber ich musste mich andauernd daran erinnern, dass wir uns nun in den 1980ern befinden und die Figuren nicht mehr wie auf einem Familienporträt aus dem neunzehnten Jahrhundert aussehen. Vielleicht liegt dies aber auch einfach daran, dass nie spezifizierende Dinge auftauchen… Allein einmal im ganzen Buch wird ein Computer benutzt, während Handys gar nicht vorkommen und man immer noch von Ferngesprächen und Telefonvermittlungen spricht.
Leider treten auch im Gegensatz zum ersten Buch einige grammatische und orthografische Fehler auf, die wohl bei der Übersetzung geschehen sind. Hin und wieder steht mal „mit“, anstatt „mir oder Sätze wie „Können Sie mir bitte zu zuhören?“ im Text. Vielleicht entstand dies aber auch, da man mehrere Übersetzungen gemischt hat?
Natürlich ist nicht alles schlecht. Die Story ist wirklich spannend und dadurch, dass immer etwas passiert, kann man sie immer noch als „rasant“ bezeichnen. Auch der Schreibstil bleibt unverändert einfach, wodurch man wirklich nur so durch die Seiten fliegt. Ich muss auch zugeben, direkt nach dem Lesen des Buches ein gutes Gefühl gehabt zu haben, aber jetzt, einen Tag später, fällt mir leider doch auf, wie wenig mir das Buch gefallen hat. Ich habe wahrscheinlich einfach etwas anderes erwartet. Hier kriegt der Leser einen Polit- und Spionagethriller, der mich sehr an Bücher von James Patterson erinnert – durchschaubar und einfach. Und so war es leider auch: Natürlich wusste man schon vorher, dass Florentyna mal eine Wahl gewinnen wird und dass sie zum Ausgleich auch mal verlieren muss… Das Ganze hatte einfach einen komischen Unterton des Billigen.
Beim Lesen des Buches fiel mir zusätzlich auf, dass Archer zwar Familiendramen schreibt, diese jedoch sehr stark romantisiert! So ist zum Beispiel das erste Wort Florentynas als Kind (die später Präsidentin werden möchte) eine kindliche Version von „Präsident“, was mich schon nah ans Augenrollen gebracht hat. Ich habe auch das Gefühl, dass Archer die beiden Folgebände bei Erscheinen des ersten Buches der Trilogie noch gar nicht geplant hatte, was man besonders am dritten Band merkt. Ich habe bis jetzt nur den Klappentext gelesen, aber es wirkt so unpassend und komplett ohne Verbindung zu den Streitigkeiten der Familien Kane und Rosnovski, dass ich vermute, dass Archer nur eine Geschichte gesucht hat, in die er seine Spionage-Idee einbauen kann, es jedoch trotzdem kein Problem sein durfte, auch nur den dritten Band zu lesen – sehr schade.
Leider kommt meine Begeisterung nicht annähernd an die überschwängliche Bewunderung über Band Eins und ich freue mich auch nicht wirklich auf den dritten Teil, den ich wahrscheinlich gar nicht mehr lesen werde, zumal er lächerlich wenig mit der Geschichte, für die ich diese Reihe so mochte, zu tun hat. Für Fans der Trilogie wohl eine Enttäuschung, die den Leser mit „Hätte ich den zweiten Teil besser mal nicht gelesen“ zurücklässt – 3/5 Sterne
© Marlon
*Trotzdem vielen Dank an den Heyne-Verlag, der mir das Buch freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat
Great blog. Cheers for posting.
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