Das letzte Bild der Sara de Vos

Allgemein, Rezensionen

1631 – Die Malerin Sara de Vos schafft es, als erste Frau in die Amsterdamer Meistergilde aufgenommen zu werden. Als sich die Pest in Holland ausbreitet, ihre  Tocher stirbt und die Familie verarmt, malt Sara de Vos ihr letztes großes Bild – eine Winterszene, in der sie ihre Tochter am Waldrand verewigt.

1957 – Über 300 Jahre Jahre später ist nur noch ein einziges ihrer Gemälde erhalten – eben jene Winterszene. Es hängt über dem New Yorker Bett des Anwalts Marty de Groot. Sein Leben genießt er in vollen Zügen, einige würden es eventuell etwas eintönig nennen – Bis plötzlich das Gemälde gestohlen wird und eine langjährige Suche nach dem Familienschatz losgetreten wird.

Gleichzeitig verdient sich die Kunststudentin Ellie Shipley  ihren Aufenthalt an der Universität in New York druch Restaurationsarbeiten und Gutachten. Doch dann erhält sie  einen Auftrag, der sie für immer auf diesen Tag zurückblicken lassen wird. Sie soll ein Gemälde kopieren. Eine Winterlandschaft mit einem Mädchen am Waldrand. Doch ihre Kopie wird in Umlauf gebracht – mit erschütternden Konsequenzen.

Im Jahr 2000 treffen die beiden Bilder, die Fälscherin Ellie Shipley und der Anwalt Marty de Groot ein letztes Mal aufeinander…

Das letzte Bildnis der Sara de Vos

Das letzte Bild der Sara de Vos

  • Dominic Smith
  • Hardcover, mit Schutzumschlag
  • 325 Seiten
  • ISBN: 978-3-550-08187-3
  • € 20,00 [D] | € 20,60 [A]
  • Erschienen: 10.03.2017- ullstein Verlag

Quelle: ullsteinbuchverlage.de

Das Buch ist auf drei Raum- und Zeiteben angelegt – Amsterdam 1631, New York 1957 und Sydney 2000. Wir erleben die Lebensgeschichte dreier Personen und die eines Gemäldes, dass sie alle verbindet; und stellen fest, dass ihre Leben enger miteinander verstrickt sind, als man zuerst meint. Dabei ist aber jeder Strang genauso spannend und interessant, wie wichtig für die Geschichte. Entweder man erhält Informationen über die fiktive Malerin Sara de Vos, ihr Leben und die Entstehung des Gemäldes „Am Saum eines Waldes“ (Die Winterlandschaft), oder man wird in der Story an sich voran gebracht, egal ob es der Versuch ist, das gestohlene Bild wiederzubeschaffen oder das Zusammentreffen unser Protagonisten im letzten Zeitstrahl von 2000.

Der Schreibstil hat mir sehr gefallen, alles war ruhig und leicht, fast schon zerbrechlich. Zeitgleich wird dies aber auch noch durch die tolle Übersetzung unterstützt, die englische Worte wie „amber“ auch als Amber übersetzt und nicht als Bernstein, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre. Dadurch kommt besonders bei dem historischen Teil eine Atmosphäre auf, die sich auch anfühlt, als wäre man wirklich dabei und säße nicht einfach nur vor einem, von einem Autoren ausgedachten, Text. Dominic Smith kann wirklich schreiben, es gibt keinen überflüssigen Satz, keine unnötige Redewendung, und trotzdem ist jeder Dialog bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und wirkt irgendwie immer beschwingt und elegant, auch wenn es gerade um Themen wie den Tod geht. Es gibt bei den Dialogen fast immer etwas zu grinsen und doch ist es komisch, wenn im nächsten Satz schon alles Lebensfrohe der Protagonisten in Trauer zusammenbricht und verstummt. Oft greifen die Gespräche und Gedanken auch auf andere Zeitebenen und Orte zurück, so hängt Marty (Der Rechtsanwalt) zum Beispiel erst nostalgisch im Jahr 2000 einer Kreuzfahrt  mit seiner Frau nach, über deren Planung man dann einige Kapitel später im 1957er Zeitstrahl liest. Es ist irgendwie erschreckend aber auch sehr spannend, wie man Marty erst als aktiven Mann erlebt, der seinen Reichtum lebt; und später von Krankheiten gebrechlich nur noch nach Vergebung und Ruhe sucht, dem sein Geld komplett egal ist.

Man muss nicht mit großen Plot-Twists rechnen, da man schon schnell eine Ahnung hat, in welche Richtung das ganze gehen wird, aber trotzdem liest man aufgrund der Protagonisten, des Schreibstils und der Geschichte weiter, einfach um nichts zu verpassen und um noch etwas länger zwischen den drei Zeitebenen zu bleiben. Jeden Satz will man lesen, jeder Satz hat so eine wichtige Wirkung für die Geschichte, dass man nichts verpassen will. Das Ende, der Punkt auf den alles zusteuert, der Mittelpunkt des Dreiecks der Zeitebenen, hat mir an sich auch gefallen, nur die letzten 20 Seiten, die die Geschichte dann noch zum kompletten Schluss bringen und rund abschließen sollen, haben sich etwas gezogen und konnten mich nicht mehr so ganz packen, was wahrscheinlich auch daran lag, dass der Höhepunkt schon abgeschlossen war.

Außergewöhnlich ist auch die Aufmachung und das Cover, dass ein Leinentuch zeigt, welches von einem Bild gehoben wird. Diese Geste kommt im Buch mehrmals vor und ist auch von symbolischer Bedeutung für die Protagonisten. Um den Eindruck zu verstärken, dass es echtes Leinen ist, hat der Schutzumschlag in dem Bereich, in dem das Bild noch verdeckt ist, eine Struktur von horizontalen und vertikalen Linien, die ein Gefühl von grob gewebtem Stoff vermitteln sollen. Also, auch außen ein rundum gelugnenes Werk!

Dominic Smiths Buch erntet weltweit positive Stimmen. Auch meine Meinung kann sich da nur einreihen. Was zuerst wie eine einfache Geschichte rund um ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert wirkt, entfaltet sich schnell zu einem ganzen Leben aus Liebe, Verrat, Betrug, Reue und Vergebung, verpackt in einem eleganten Schreibstil. – 4/5 Sterne

© Marlon

*Das Buch wurde mir freundlicherweise vom ullstein-Verlag zur Verfügung gestellt

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